Namibia

Das südliche Afrika! So weit weg waren wir noch nie. Und doch keine Minute Zeitverschiebung, wie angenehm … Zwei Gruppen reiselustiger Wüstenwanderer haben sich auf das Abenteuer auf der Südhalbkugel eingelassen, und es, so sieht es aus, nicht bereut.

Die Südhalbkugel: So vieles ist anders hier. Linksverkehr gibt es ja auch sonstwo in der Welt. Aber dass einem beim Gehen in direkt nördliche Richtung die Sonne voll ins Gesicht scheint, kann einen schon verwirren. Oder der Mond - er steht einfach „andersrum“ am Himmel, und auf dem Rückflug hab ich beobachtet: Je näher wir dem Äquator kamen, um so weiter drehte sich die Rundung nach unten, und kaum waren wir drüber, präsentierte er sich wieder, wie ich es kenne … faszinierend.

Das spätherbstliche Wetter allerdings fühlt sich für uns an wie Hochsommer, in Swakopmund bei 38°. Aber auch sonst ist es so knackig heiß, dass wir mit Sonnenaufgang schon loswandern, um in den Mittagsstunden wieder im Camp zu sein. Was im Dunkeln aufstehen bedeutet – zum Glück allmorgendlich sanft unterstützt von Stings „Desert Rose“. Wie heiß mag es wohl im Sommer hier sein?!

Mehr als 1200 km Weg hat jede Gruppe zurückgelegt in diesen 11 Tagen (natürlich nicht nur zu Fuß!). Und doch, sieht man es auf der Karte, wird deutlich, welch kleinen Teil des riesigen Landes wir besucht haben! Zweieinhalb Mal so groß wie Deutschland, dabei mit einer Bevölkerungszahl, die unter der von Berlin liegt – das ist unvorstellbar groß und unglaublich leer. So kommt eine Beschreibung ohne die Wörter „Weite“ und „Leere“ nicht aus.

Und wunderschön ist es, sehr unterschiedlich – mal rote Dünen bis an den Horizont, mal Buschland mit hellbraun wogendem, trockenen Gras, aber auch viel Grün und – nach dem Regen im März – üppig Blühendes, mal ein Hügel am anderen, mal Granitfelsen, wie von einem Riesen in die Ebene geworfen. Ich fühle mich hier an den Sinai, da an Jordanien, dann wieder an die Sahara erinnert. Ich kann mich nicht entscheiden, wo es mir am besten gefallen hat.

Und dann die Tiere. Das erste war ein „armoured cricket“, ein wenig niedliches Wesen von etwa 8 cm Länge, dessen Artgenossen uns bis zum Ende der Reise in Scharen begleiten sollten. Zebras und Paviane, eine Schlange, viele Vögel. Der diebische Schakal und eine nicht sehr andächtige Klippschlieferfamilie. Und dann die Robben, speziell die eine, die an Bord kommt, Delphine, Pelikane und ein Wal – der Mini-Ausflug auf den Atlantik lohnt sich!

Der startet in Walvis Bay, gleich nach dem Tag in Swakopmund, wo es nicht nur sehr heiß und gar nicht neblig (wie zu erwarten gewesen wäre) ist, wo es nicht nur ein Bad im 14° kalten Südatlantik gibt (nichts für Weicheier, aber welcher Wüstenwanderer ist schon ein Weichei?). Auch der Blick auf die deutsche Geschichte des Landes wird hier besonders konkret. Der Weg in die Stadt startet für uns auf dem Friedhof, der zunächst aussieht wie einer daheim, mal abgesehen von den Palmen. Dann: die Ecke mit den Kindergräbern, die mit den jüdischen und den Buren-Gräbern – und dann eine abrupte Veränderung. Keine Gestaltung, keine Grabmäler mehr, nur noch Erdhaufen mit Steinen an Kopf- und Fußende, Hunderte, Tausende. Und ein Gedenkstein: „Nama & Herero Genocide Monument“, der zwar seit 2007 hier steht, aber erst seit fünf Jahren die Dinge wirklich beim Namen nennt. Ein wichtiger Moment unserer Reise, sich hier Zeit zu nehmen und einen Stein niederzulegen, mitgebracht aus Deutschland. Die Stadt selbst ist sicher die „deutscheste“ im Land, was ambivalent bleibt – sowohl im Kontakt mit einem Stadtführer wie auch beim Besuch des Museums oder dem Bummel durch die kleine Fußgängerzone. Hier wird die gelöste Urlaubsstimmung schon mal ein wenig erschüttert, stellen sich Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Aber das ist die Wirklichkeit.

Ein anderer Teil der Wirklichkeit begegnet uns bei unserer Charity-Aktion als Flugpaten. Eine Gehhilfe, gespendet von Lilli e.V. in Leipzig, ohne die ihre zweijährige Nutzerin wohl nicht laufen lernen würde, findet mithilfe einer unserer Mitreisenden ihren Weg zu Amber in Otjiwarongo. Und eine ganze Reihe von gespendeten Tablets und Notebooks, die von Labdoo Deutschland eingesammelt und für den Einsatz in sozialen Einrichtungen vorbereitet wurden, bringen wir nach Katutura, in das Township im Norden von Windhoek. Wir besuchen die Basketball Artist School und die Special Olympics und bekommen einen Eindruck von ihrem beispielhaften Engagement für benachteiligte Kinder und Jugendliche. Beide Einrichtungen liegen direkt neben der Zeltstadt, in der Menschen auch Jahre nach der Pandemie noch "wohnen", die während dieser Zeit dort "provisorisch" angesiedelt wurden. Beides so krass nebeneinander - großes, kluges und fröhliches Engagement für die Jugend, und so viel mehr Menschen, die in unwürdigen Zuständen gleich daneben leben (müssen). Das alles unter den "Augen" des Vaters der Nation, der riesenhaften goldenen Statue von Sam Nujoma auf dem Dach des SWAPO-Hauptquartiers.

Alles in allem sorgen Ellen und ihre wunderbare Crew – Uno, George, Steve, Ruben und Mathew – dafür, dass es uns an nichts fehlt. Ob das wunderbare Pot Bread oder jede Menge Gegrilltes von Kudu, Oryx oder Zebra, ob der morgendliche Porridge oder auch mal Pap (ja, das muss sein!): Die kulinarische Seite dieser Reise ist ganz wunderbar, auch morgens um sechs oder ein paar Stunden später, einfach am Wegesrand. Der unermüdliche Service mit Zeltauf- und -abbau und schweren Reisetaschen, die immer wieder aufs Neue in den Bus und wieder heraus zu wuchten sind. Ganz zu schweigen von Feldbetten, die sie einen halben Berg rauf schleppen, damit wir da oben schlafen können (zur "Strafe" bläst es nachts so ordentlich, dass der Sand morgens zwischen den Zähnen knirscht)  … die Jungs - und ihre Chefin - haben sich jedes Lob verdient!

Last but not least: der Sundowner. Eine namibische Erfindung, wie es heißt. Jedenfalls ein wunderbares Ritual, das der Fulminanz der Sonnenuntergänge in angemessener Weise Rechnung trägt. Es gibt Mitreisende, die beschlossen haben, diese Tradition in ihren deutschen Alltag zu integrieren ...

Es kann gut sein, dass Namibia von einem Once-in-a-lifetime-Ziel zu einem mutiert, das wir wieder in den Blick nehmen. Zu viel Reizvolles muss in der kurzen Zeit links liegen gelassen werden … deshalb, vielleicht in ein paar Jahren, heißt es mal wieder: Wir sehen uns in Afrika!


Zu den Teilnehmerstimmen geht es hier.

Bei den Downloads findest du einen Radiobeitrag zum Genozid an den Herero und Nama, den eine mitreisende Journalistin gemacht hat. Leider ist das Gespräch, das sie für den Maus Podcast "Sandig" mit unserem Guide Uno auf der Düne "Big Daddy" geführt hat, nicht mehr online zu finden.

Unsere lokale Reiseorganisatorin Ellen hatte unmittelbar vor unserer Tour ihren großen Auftritt im deutschen Fernsehen, was ist hier zu sehen ist.

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