Oman

Auf der Arabischen Halbinsel im Advent 2019

Was soll ich sagen? Diese Reise ist anders, in vielerlei Hinsicht. Das erste, was uns auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel in der Hauptstadt sofort auffällt: Wir sind in einem arabischen Land, unverkennbar, aber es ist ein wohlhabendes. Nirgends halbfertige Häuser, denen man den Baustillstand über Jahre hinweg ansieht. Nirgends Armenviertel, keine Bettler auf den Straßen. Ganz wenige Menschen gehen zu Fuß oder fahren mit dem Fahrrad. Hier scheint jeder ein Auto zu haben. Die Straßen breit und in gutem Zustand, kein Müll liegt herum, keine unvermeidlich fliegenden Plastiktüten. Das ist schon speziell. Und nicht nur in der Hauptstadt ist das so. Unterwegs geht es etwas einfacher zu, aber eigentlich nicht wirklich anders.

Der zweite große Unterschied, etwas zu unserem Bedauern: Das "Wandern am Stück", eigentlich unser Markenkern, ist hier nicht so gut möglich. Das wussten wir vorher, aber es fühlt sich dann doch komisch an - nicht an einem Punkt loslaufen, ein paar Tage so richtig im Flow sein und dann an einem anderen Ort ankommen. Stattdessen ein steter Wechsel von Wandern und Jeepfahren. Diesen Kompromiss haben wir bewusst gemacht, aber ich gestehe, es bleibt ein Kompromiss.

Aber sonst - sonst ist es eine grandiose Reise in ein wunderschönes Land! Von dem wir zugegebenermaßen nicht so viel gesehen hätten, hätten wir uns auf ein Gebiet focussiert. Also: alles gut.

Wunderschöne Landschaften: Der tiefe Canyon, an den uns der Balcony Trail führt - die Dünen der Wahiba Sands, die uns ja nur den Anfang einer gigantischen Sandwüste sehen lassen - das wunderschöne Wadi Bani Khalid, in dem man sich teilweise nur schwimmend weiter bewegen kann - überhaupt die tief  eingeschnittenen Täler des östlichen Hajjar-Gebirges mit ihren steilen Abstiegen (1300 Höhenmeter auf 7 km Strecke!) und Bachläufen - der Fischmarkt und die Dao-Werft in Sur - eine Nacht am Indischen Ozean mit Sonnenaufgang direkt aus dem Meer, noch im Schlafsack - und zum Schluss das spektakuläre Wadi Shab, dessen letzte paar Meter ebenfalls nur schwimmend möglich sind, das durch einen engen Spalt, durch den über Wasser gerade mal der Kopf passt, eine Höhle freigibt mit einem Wasserfall - unfassbar. Davon hätte es gern noch mehr geben dürfen! Leider haben wir nicht viele Bilder von diesem Abenteuer, aber man muss nur mal "Wadi Shab" in eine Suchmaschine eingeben, um fantastische Eindrücke zu bekommen - oder kann z.B. hier etwas darüber lesen.

Das Wetter, auch hier mit Klimawandel beschäftigt: Durchschnittlich regnet es im Oman an 1-2 Tagen im Dezember, eigentlich. Bei uns sind es innerhalb von 11 Tagen gleich mal drei, die Fluten, die in anderen Landesteilen zeitgleich niedergehen, nicht mitgerechnet. Eine Nacht verbringen wir deshalb ungeplanterweise im Hotel statt unter den Sternen. Die Nacht darauf erwischt es uns aber doch noch richtig, und die Zelte stehen im Matsch (O-Ton einer jüngeren Teilnehmerin: "Das ist ja wie auf dem Southside hier!"). Zum Glück diesmal an einer sorgsam dafür ausgesuchten, sicheren Stelle. Die Menschen im Land leben mit den Fluten, die im Sommer noch viel häufiger sind. Da baut man die Läden im Suq einfach alle im Hochparterre, damit die Flashflood durch die Suqstraßen fließen kann, ohne dass jedes Mal der ganze Laden unter Wasser steht.

Überhaupt, die Leute: Sehr freundlich, sehr entspannt. Hier hat es niemand eilig, hier ist niemand unfreundlich oder im Stress. Da halten zwei Autos, eins von rechts kommend, eins von links, mitten in Muskat, mitten auf der Straße an, weil sie sehen, dass ich die Straße überqueren möchte! Das berühmte arabische Temperament scheint einer gelassenen, ruhigen Mentalität gewichen zu sein in diesem Land. Zugleich sind die Menschen eher zurückhaltend uns gegenüber - mit Ausnahme unserer Fahrer, die im Lauf der Tage zu unserer Freude immer mehr auftauen. Noch so ein Unterschied zu den arabischen Ländern, die wir kennen: Auf den Straßen sind kaum Frauen zu sehen und nur wenige Kinder - dann, wenn sie auf dem Weg zur Schule oder zurück sind. Ansonsten scheinen sie sich in ihren großzügigen Anwesen aufzuhalten, hinter der Mauer. Das ist ein wenig irritierend.

Deutlich spürbar ist die Verehrung, die die Omanis ihrem Sultan Qaboos entgegenbringen. Er ist zu der Zeit, in der wir sein Land entdecken, im Krankenhaus in Belgien. Er kommt in den Tagen, in denen wir wieder heimreisen, ebenfalls heim - um nur noch vier Wochen zu leben. Überall die Plakate, die seine 49jährige Regentschaft feiern: Kein Geheimnis: Es ist nicht zu erwarten, dass er das goldene Thronjubiläum noch erleben wird. Wir wünschen seinem Land, dass sein Nachfolger den klugen Weg, auf dem er in all den Jahren den Oman vom Mittelalter in die Moderne geführt hat, fortsetzen kann (und will).

Und für uns: nach der Reise ist vor der Reise – im September 2020 soll es weitergehen mit den Wüstenwanderern!

Wer sich einen optischen Eindruck verschaffen will, kann das tun: Hier geht es zur Bildergalerie.

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