Rumänien
„Was du so elles fotografiersch! Des isch doch bloß’n Haufe Bäredreck!“ Ein Satz aus schwäbischem Munde, der gelegentlich zu hören war im dichten Wald der Karpaten … aber der Reihe nach:
22 Reisende machen sich im September 2024 auf den Weg, Wüstenwanderer zu werden – und das diesmal ganz ohne Wüste. Das Ziel Rumänien fällt insofern aus dem Rahmen, aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es gut zu uns gepasst hat.
Wild und fremd ist dieses Land, die Berge hoch, der Wald tief, die Bären real. Das hat uns schon beeindruckt: Waren wir als Gruppe mal nicht laut genug unterwegs, kam von unserer Guide Ioana, die uns eine sehr angenehme, fürsorgliche Begleiterin war, alle paar Minuten ein durchdringender Schrei, um dem Bären (oder der Bärin) mitzuteilen, dass jetzt dezenter Rückzug angesagt ist. Daran hat das Tier sich auch gehalten, zum Glück. Die Spuren zu sehen – auch wenn es nur „‘n Haufe Bäredreck“ war – hat schon gereicht, um uns ordentlich Respekt einzuflößen.
Unsere Wanderung führte uns einmal quer über die Karpaten, von Sinaia durch den Bucegi Nationalpark nach Bran (hübsch, aber hoffnungslos überfüllt: das Dracula-Schloss) und weiter durch den Nationalpark Piatra Craiului nach Zarnesti. Der erste Teil richtig alpin, auf bis zu 2500 m Höhe, mit anspruchsvollen Wegen und einer richtig einfachen Berghütte – im 10-Bett-Zimmer ohne Strom und fließendes Wasser. Aber ein Schutz vor den Bären, deren Prankenabdrücke direkt vor der Hütte zu finden waren: Dort hätte ich gewiss nicht im Zelt übernachten wollen!
Lebendige Bären gibt es dann beim Besuch im Bären-Schutzgebiet in Zarnesti zu sehen – keine Wildbären, sondern gerettete Tiere aus Zoo oder Zirkus, aber auch aus allen möglichen anderen Arten von Gefangenschaften. An Tankstellen, in Brotfabriken oder Klöstern wurden diese beeindruckenden Tiere unter brutalsten Bedingungen gehalten, um sie auszustellen und damit Geld zu verdienen – in Rumänien lange Zeit gang und gäbe. Erst der EU-Beitritt 2007 leitete hier einen Umschwung ein. Durch ihr Leben in Gefangenschaft könnten diese Bären in freier Wildbahn nicht überleben und finden im Schutzgebiet ein neues Zuhause.
Ein anderer Aspekt ist die Kultur, die diesmal nicht ganz so fremd erscheint wie z.B. in der Mongolei: Siebenbürgen mit seiner wechselvollen Geschichte in enger Beziehung zu Deutschland, aber auch Luxemburg, Elsass, Österreich: Das ist wirklich interessant, in Hermannstadt/Sibiu und Kronstadt/Brasov, aber auch auf dem Land sind die Spuren dieser Verbindung deutlich wahrnehmbar. Obwohl der Anteil der deutschstämmigen Bevölkerung nur noch bei 0,1 % liegt, sprechen erstaunlich viele Menschen gut Deutsch, was sicher vor allem den weitverbreiteten deutschsprachigen Schulen zu verdanken ist. Wie eigentlich immer auf unseren Reisen treffen wir jede Menge offener, freundlicher und interessierter Menschen – von der beeindruckend klugen und engagierten Stadtführerin in Hermannstadt bis hin zur warmherzigen Gastgeberin im abgelegenen Bergdorf, mit der wir ohne Ioanas Übersetzung kein Wort wechseln können, was aber nicht wirklich hinderlich ist: die Sprache der Gastfreundschaft ist international.
So haben wir eine Ecke der Welt kennengelernt, immerhin ein wenig, die auch fast 35 Jahre nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs immer noch „hinter den Bergen“ zu liegen scheint. Das hat sich gelohnt – und auch, dafür auf ein „no roof but the sky“ in Reinkultur zu verzichten. Es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir neue Wege gegangen sind.
Zu den Teilnehmerstimmen über diese Reise geht es hier.