BM 2008

Der Wüste nach-denken

„Es macht die Wüste so schön, dass sie irgendwo einen Brunnen hat“, sagt Antoine de St. Exupéry. Solche Erfahrungen konnte ich auch machen, als ich während der Pfingstferien 5 Tage lang an einer Wanderung durch jordanische Wüstenlandschaften teilnahm. 5 Tage – das ist eine relativ kurze Zeit und das muss noch nicht zu existenziellen Erfahrungen führen. Und doch machten wir ganz eigene Erfahrungen. Eine erste Überraschung: Wüste – das ist nichts Langweiliges, Gleichförmiges – da gibt es wild zerklüftete Berge mit tief eingeschnittenen Tälern; da wechseln sich wellige Sanddünen mit öden Geröll- und Steinwüsten ab. Da gibt es ganz unterschiedliche Gesteinsformationen und Gesteinsfarben, die die Fantasie zu kreativen Deutungen veranlassen. All das kann ich verstärkt und intensiv wahrnehmen, weil das langsame Gehen in der Wüste zum genauen Hinschauen zwingt und mein Blick nicht ständigen Ablenkungen folgen kann. Die Konzentration auf das Wesentliche ist eine der wichtigen Erfahrungen. Damit verknüpft ist eine zweite Erfahrung: die Rückführung auf das Einfache und das Notwendige. Die Natur hat sich in der Wüste an unwirtliche Bedingungen angepasst und bietet uns dennoch eine überraschende Vielfalt. Auch wir Wanderer sind mit ganz wenig zurechtgekommen: natürlich Nahrung und viel, viel Wasser, etwas Kleidung und gutes Schuhwerk. Allen anderen Ballast der Zivilisation ließen wir hinter uns. Eines war klar: Hier ist die Natur die Herrin – wir Menschen mussten uns anpassen. Dafür bescherte uns die Natur wunderbare Erlebnisse: Das Schlafen unter freiem Himmel mit Vollmond und – als der erst später aufging – mit einem intensiv leuchtenden Sternenhimmel war unsere Belohnung. Dann natürlich das Wasser: ohne Wasser kein Leben für den Menschen, ohne Wasser kein Grün in der Wüste. Aber wo es reichlich Wasser gibt, explodiert die Natur förmlich mit Grün und Blüten in leuchtenden Farben – eine Wohltat für die Augen, wenn es einen Tag lang nur Steine und Sand zu sehen gab; eine Wohltat auch für uns Menschen, wenn sich das Wasser in einer Vertiefung sammelt und man sich erfrischen oder sogar baden kann. Die Wüste lebt und die Wüste lehrt – das haben wir in wenigen Tagen erfahren. So standen wir manchmal da und staunten und sangen, ohne dass es geplant war, Junge und Ältere: „Großer Gott, wir loben Dich“. Kein Wunder, dass das Volk Israel wesentliche Erfahrungen mit seinem Gott in der Wüste gemacht hat und dass sich Jesus am Beginn seiner Tätigkeit 40 Tage lang in die Wüste zurückgezogen hat: Hier klärt sich: Wer bin ich? Wer ist der andere? Worauf kommt es an?